Yoi oToshi-o – Grüße zum Neuen Jahr 2023

Liebe Freunde und an meinem Japan-Blog Interessierte,

obwohl Japan seine Tore wieder für Fremde aus fast aller Welt geöffnet hat – worauf wir wegen der Pandemie gut 2 Jahre lang ungeduldig gewartet haben – stecken wir immer noch in Deutschland fest, und somit kommen unsere Grüße zu diesen Neujahrstagen auch von hier.

Wir wünschen Euch

Ein frohes, gesundes und glückliches Neues Jahr

im Zeichen des

springlebendigen, kreativen und friedvollen 

Hasen

Akemashite omedetou gozaimasu
明けましておめでとうございます

Nachdenken über Hasen

Als mir eine Freundin in Kyoto während eines Gesprächs über die Tierzeichen im asiatischen Raum stolz verkündete: Ich bin Hase! war ich mehr als erstaunt über die emotional hervorgebrachte Botschaft. Vor Augen standen mir jene zahllosen, stets fleißig wuselnden Fluchttiere, die, besonders kurz vor Sonnenuntergang, die Wiesen des Kölner Grüngürtels bevölkern, oder treffender gesagt, übervölkern. Feldhasen, grau-in-braun!

Ich überlegte, welches Horoskop-Tier aus der Zwölferkette

Ratte, Büffel, Tiger, Hase, Drache, Schlange

Pferd, Ziege, Affe, Hahn, Hund, Schwein

ich für mich – sozusagen als Geburts-Paten – attraktiv fände, Tiger beispielweise, kraftvoll und schön in Gestalt und Fellmusterung, Drache, mythisch-exotisch und Feuer speiend wenn’s ihm gefällt, oder ein in freier Wildbahn ungestüm dahingaloppierendes Pferd mit wehender Mähne – aber Hasen, kleinwüchsig, dem Boden und den Büschen nahe, unter denen sie sich, sobald Gefahr droht, verkriechen können, Angsthasen? – Halt, ich muss mir selbst in den Arm fallen, ganz stimmig ist meine Charakterisierung von und sind meine Vorbehalte gegen Hasen nämlich nicht!

Von wegen an den Boden gefesselt! Tatsächlich ist Meister Lampe, wie er bei uns auch genannt wird, der unangefochtene Herr der Luftsprünge, aus Freude am Spiel ebenso wie in Augenblicken nahender Gefahr. Zu erleben, wie er im Lauf von geschätzt 60 Stundenkilometern im Hochsprung Haken schlägt, und somit unliebsame oder todbringende  Verfolger verwirrt und abhängt, kann einen Zuschauer durchaus zu Da-Capo-Rufen animieren. Ein solches Kunststück schaffen weder meine bevorzugten Tierkreis-Paten Tiger, Drachen oder Pferde. Um jeder Kritik vorzubeugen: Auch weibliche Hasen sind natürlich Sprungkünstler!

Besucher vor dem ganzjährigen Hasenbild im GO’O-Schrein nahe dem Kaiser Palast in Kyoto

Ist es diese Fähigkeit, die Japaner so überaus schätzen und stolz verkünden lassen: ich bin Hase? Immerhin leben sie in einer Inselwelt, der man im Ernstfall nicht so leicht entkommen kann. Na gut, ein bisschen vielleicht. Aber weitaus mehr sind es wohl die hervorstechend feinen Charaktereigenschaften, die sie den Hasen und damit den unter ihrem Zeichen Geborenen zuschreiben und die sie so liebenswert erscheinen lassen:

Edel sind die Hasengeborenen, hilfreich und gut!

Sie sind feinfühlig und kultiviert, stets freundlich, aber auf eine angenehm distanzierte Art, kontaktfreudig ohne aufdringlich zu sein, friedvoll und mitfühlend, manchmal über die eigenen Bedürfnisse hinaus, sie sind fruchtbar (kreativ) und familienbezogen und –  wenngleich risikoscheu – durch Voraussicht und kluges Taktieren doch in der Lage, ihren Lieben ein gutes finanziellen Polster und darüber hinaus ein harmonisches Zusammenleben zu schaffen, sie sind an Kunst interessiert und oftmals selbst Künstler; hinderlich ist zuweilen ihre Neigung zur Vorsicht, allzu großer Vorsicht, an Regeln und Gesetze halten sie sich bis aufs i-Tüpfelchen genau und ecken somit niemals an. Fazit: Die Hasengeborenen, scheinen die Nummer 1 auf der Beliebtheitsskala zu sein, nahezu allen Menschen, selbst den bärbeißigsten, zaubern sie ein Lächeln ist Gesicht – heißt es.

Was das Faible der Japaner für Hasen an sich betrifft, so ist es vermutlich deren kleine kompakte Gestalt mit dem samtenen Fell, das zum Streicheln geradezu herausfordert. Es müssen nicht unbedingt lebende, niedlich hoppelnde und schnuffelnde Hasen sein, denen man solch zärtliche Gesten angedeihen lassen kann, das Kuscheltier tut‘s auch. So baumeln denn von Taschen und Rucksäcken – und nicht nur jenen der Kinder und Jugendlichen – unter anderen Tieren und Fabelfiguren Hasen in vielfachen Farben und Formen herab, alle miteinander kawai: süß.

Die Hasen-Euphorie ist so verbreitet, dass manche Geschäfte anstelle von Spielwaren oder Souvenirs einfach NUR HASEN anbieten und damit erfolgreich sind: Hasen jeglicher Art, Hasenbilder, Wandgehänge, Mobiles, u.a. In einem dieser Geschäfte haben wir im Hasenjahr 2011 „Unseren Hasen“ gekauft. In ein traditionelles Gewand gekleidet, gleicht er einem Rezitator, der im berühmten Bunraku-Puppentheater, gleich nachdem er den vor ihm liegenden Fächer aufgenommen hat, mit dem Erzählen einer jener auf der Bühne dargestellten, zumeist sehr dramatischen Geschichten beginnt. Mir hingegen fällt zum Schluss anstelle einer dramatischen Hasen-Verfolgungsgeschichte nur noch der Refrain eines Kinderliedes ein: Häschen hier und Häschen da, hüppel, hüppel hüppel hoppsassa.

„Unser Hase“ 2023 im heimatlichen Köln

P.S. Mir ist übrigens aufgefallen, dass keiner unserer japanischen Freunde in ihren Wünschen zum Jahreswechsel den glückbringenden Hasen erwähnt hat. Ist es Zufall? Oder Verschweigen, um keine „Bösen Geister“ herbei zu rufen? Sicherlich ist den meisten Menschen noch schmerzhaft bewusst, dass im Hasenjahr 2011 am 11. März die Dreifach-Katastrophe von Fukushima stattgefunden hat.

Weitere Beiträge zum japanischen Neujahrsfest (O-Shougatsu) siehe auch:

 O-Shougatsu (2011)   und   Oh du fröhliche …(2018)

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Notiz vom 14. Oktober 2022 – Die große Öffnung: Hinein ins MOMIJI !

Herbstlaub im Eikando-Tempel in Kyoto mit Besuchern

Welch denkwürdige Tage: ES IST SO WEIT! Nach zweieinhalb Jahren pandemiebedingter Abschottung hat Japan am 11. Oktober seine Tore wieder für den Individualtourismus geöffnet, und zwar mit Visumsfreiheit für Bürger jener 68 Nationen, mit denen sie auch vor der Pandemie bestand. Das bedeutete – und bedeutet vermutlich zukünftig – dass diese Touristen sich 90 Tage ohne Visum in Japan aufhalten und frei bewegen können. Einigen, etwa Deutschen, Schweizern, Österreichern war es darüber hinaus erlaubt, den Aufenthalt für weitere 90 Tage zu verlängern. Voraussetzung für die Einreise ist aber eine dreifache Impfung gegen Covid-19, oder, wenn sie fehlt, ein PCR-Test, nicht älter als 72 Stunden.

Über den Grund der fast schon beschämend lange hinausgezögerten Öffnung muss man nicht lange spekulieren. Die wirtschaftliche Lage ist besorgniserregend, die Währung, der japanische Yen, schwächelt schon seit längerer Zeit.  Das Land braucht eine „Spritze“ und erhofft sie sich u.a. durch einen wiederbelebten Tourismus. Die Aussichten sind nicht schlecht, der Zeitpunkt ebenfalls. Die Schwäche des Yen beschert den Reisenden einen finanziell preisgünstigen Aufenthalt und das – man könnte denken als Zugabe oder „Eröffnungsgeschenk“ – zur Zeit der spektakulären herbstlichen Laubfärbung.

Wer als Japan-Aficionado schon länger in den Startlöchern steckt, dem kann man nur zurufen: Nicht gefackelt! Auf-Auf ins MOMIJI! Leuchtend am Tag und unwirklich schön am Abend im Schein der Lichterketten. Auf-Auf ins „Land der Aufgehenden Sonne“, jetzt, wo es noch nicht wieder von Touristen überflutet ist. –  Was uns betrifft: Trotz langen Wartens (Frühjahr 2020 war für eine Rückkehr nach Kyoto geplant), sitzen wir keineswegs auf überstürzt gepackten Koffern. Für ein Wann und Ob überhaupt gibt es zurzeit noch keinen Plan.

Herbstlaub im Eikando-Tempel in Kyoto bei Nacht

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Japan im TOKUGAWA-Modus – zurück ins Altvertraute

Holzschnitt des Shogun Ieyasu Tokugawa in vollem Ornat

Der Gründer der Tokugawa-Dynastie: Ieyasu Tokugawa (Holzschnitt)

In der Tokugawa-Zeit (1639-1854) hat sich Japan, seine Identität zu wahren und die Ausbreitung des Christentum zu verhindern, von der übrigen Welt abgeschottet. Allein chinesischen Kaufleuten und Diplomaten aus Korea war das Betreten des Inselreichs erlaubt, Warenaustausch eingeschlossen. Um jedoch an die zu jener Zeit durchaus begehrten westlichen Güter zu gelangen, trieb Japan außerdem Handel mit Holland, vertreten durch die Niederländische Ostasien Kompanie. Als Umschlagsplatz für die anlaufenden Schiffe wurde in der Bucht von Nagasaki eine künstliche Insel aufgeschüttet, DEJIMA. Dort führten die holländischen Gesandten und Angeworbenen, mit wenigen Ausnahmen nahezu ohne Kontakt mit der japanischen Bevölkerung, ein Leben, dessen Eintönigkeit höchstenfalls durch dann und wann aufflammende Streitgefechte oder Intrigen – sowohl innerhalb der holländischen Gemeinschaft als auch von Seiten der Landes- und Provinzherren – durchbrochen wurde. (Was das „Volk“ angeht, hier die holländischen „Barbaren“, dort die Landesbewohner, ging die Kontaktsperre in beide Richtungen.)

Jahrhundertenwechsel: Das im Winter 2020 im chinesischen Wuhan aufgetauchte, sich in Windeseile weltweit verbreitende Coronavirus SARS-CoV-2, hat auch das – natürlich längst globalisierte und von Fremden als Reiseziel nahezu über Gebühr hochgelobte und besuchte – Japan nicht verschont. In „(un)schöner Regelmäßgkeit“ rollten und rollen seither die Infektionswellen der Pandemie durchs Land, allerdings niemals mit so hohen Zahlen wie in den westlichen Breiten, obwohl die Einschränkungen vergleichsweise „milde“ waren und sind.

Einer der Eingänge zum Vergnügungsviertel Kabuki-cho

Das Vergnügungsviertel Kabuki-cho (Tokyo) fast „außer Betrieb“

Es hat niemals, wie im Westen, einen harten Lockdown gegeben. Statt dessen abendlich frühe Schließung von Geschäften und Restaurants, zeitweise Sperrung der Amüsierviertel, in Maßen Homeoffice,

Jochiji-Tempel in Kamakura mit Maskerade

Selbstverständlich alle mit Maske am Jochiji-Tempel in Kamakura (Foto unserer Freunde Watanabe in Tokyo im November 2021)

dazu Abstand, Masken (ohnehin bei Krankheiten selbstveständlich getragen), Impfungen, etwas verspätet begonnen, aber ohne Auflehnung akzeptiert. Frage: Waren es allein diese, von den Japanern strikt befolgten Maßnahmen, die immer wieder zur Eindämmung geführt haben? Erklären sie die – selbst auf dem Höhepunkt der einzelnen Wellen (bisher sechs) – relativ niedrigen Fallzahlen? Rätselhaft! Was es jedoch zusätzlich zu den einzuhaltenden Regeln gab und gibt, könnte – vielleicht – die Lösung des Rätsels sein: die altbewährte Abriegelung des Landes. Bereits im März 2020 wurde Ausländern die Einreise verwehrt, Touristen, Geschäftsleuten, Studierenden, Stipendiaten u.a. Hinzu kommt, dass allen, die ausnahmsweise ins Land gelassen wurden und werden, vorwiegend natürlich Japanern, eine äußerst rigide Quarantäne verordnet wird (man erinnere sich an die ins Olympiadorf „eingesperrten“ Olympioniken im Tokyoter Olympia-Sommer 2021 und die zu einem Hotelzimmerleben verdonnerten Berichterstatter).

Im November, als die Zahlen in Japan drastisch heruntergingen, schrieben uns Freunde, dass sie ihre in Europa lebende Tochter besuchen wollten, denn, so die Begründung: Covid is over! Vorbei, verweht, zumindest in Japan! Wir staunten – ungläubig. Kannten sie etwa nicht die tückische Unberechenbarkeit dieses Virus mit seinen vielen Mutanten? In der Gewissheit, dass ein 72 Stunden alter, in einer europäischen Klinik gemachter Negativ-Test verbunden mit einer einwöchigen Quarantäne im eigenen Heim bei der Rückkehr genügen würde, traten sie ihre Reise an.

Drei Wochen später, Omikron hatte sich inzwischen auch im Inselreich verbreitet, lag das Erstaunen bei unseren Freunden. Sie schrieben:

„Nach unserer Ankunft im Airport Osaka wurden wir für eine Woche in ein Flughafenhotel einquartiert. Wir durften das Zimmer nicht verlassen. Es war klein, man konnte gerade mal acht Schritte quer durch vom Fenster zur Tür gehen. Das taten wir immer wieder, um uns fit zu halten, hin und zurück. Dreimal am Tag bekamen wir das „In-Flight-Meal“ vor die Tür gestellt. Als wir schließlich nach Hause entlassen wurden, mussten wir ein spezielles Taxi nehmen. Dort angekommen, verordenete das Government uns eine weitere Woche Quarantäne. In den ganzen 2 Wochen wurde jeden Tag per Smartphone und zwar mit Video (je 30 Sekunden) überprüft, ob wir uns auch ordnungsgemäß am richtigen Platz aufhielten, d.h. im Hotelzimmer und später zu Hause. Weil nur Aiko ein Smartphone hat, musste ich für die Zeit der Quarantäne eines mieten. Believe me, all this was just hell! Wir sagten oft, es ist ein bisschen besser als im Gefängnis. Aber ich denke auch, dass diese Quaratäne mit täglicher Überwachung hilft, die Covidfälle in Japan niedrig zu halten, ebenso wie die Verbote zur Einreise für Ausländer! – (Wir wären natürlich jederzeit herzlichst willkommen!)

Da ist sie, die Rückbesinnung auf Altbewährtes, Tokugawa Retro. Die Mehrheit der Japaner findet die „Splended Isolation“ gut, da schutzversprechend, eine Minderheit fängt langsam an sie zu kritisieren.
Allerdings: Mit einer Öffnung des Landes ist Im Augenblick noch nicht zu rechnen. Denn überraschend – besonders für all jene, die schon an ein Ende der Pandemie geglaubt hatten – steigen die im Herbst gefallenen Krankenzahlen wieder rapide an. Vermutlich durch Omikron. Wieder hörten wir vor einigen Tagen von ratlosen Freunden: Wie ist das bloß möglich? Im Dezember hatten wir in Tokyo pro Tag durchschnittlich 20 Fälle, jetzt sind es 21000!!! Wir sind bedrückt!

Ja, liebe Freunde: DAS SIND WIR AUCH! Seit 2 Jahren sitzen wir hier im heimatlichen Köln – und zwar in weitaus schlimmeren Corona-Verhältnissen – auf imaginär gepackten Koffern für eine Reise zu euch, nach Japan, nach Kyoto. Ende Januar 2018 hatten wir unsere „zweite Heimat“ nach fünf Monaten Aufenthalt verlassen. Geplant war eine Rückkehr für die Frühjahrmonate 2020 – gestrichen! Herbst 2020 angepeilt – gestrichen! Hoffnungsvoll verschoben auf März 2021 – gestrichen! Frühling 2022, Herbst … Wie wird es, fragen wir uns, mit den Streichungen weitergehen? Oder sollte der Inselstaat sich doch innerhalb dieses Jahres für eine Öffnung, vermutlich erst einmal für Geschäftsreisende und Stipendiaten, entscheiden???

Unser Domizil in Kyoto - Wohnzimmer

Hakuginso-Wohnzimmer mit Erker in Kyoto

WIR VERMISSEN JAPAN, WIR VERMISSEN KYOTO,

vermissen „unser“ nostalgisch altjapanisches Haus Hakuginso mit all unseren  Hinterlassenschaften, Bilder an den Wänden und Schmuckgegenständen auf Regalen, Kücheninventar und Bettzeug für alle Jahreszeiten: mit einem Glas Tee und einem Buch in unserem kleinen Wintergarten verweilen zu können, die Blicke dann und wann durch den inzwischen vermutlich dschungelhaft verwilderten kleinen Zengarten mit seiner vom Zahn der Zeit angenagten „Grünspanmauer“ schweifen zu lassen, der Mauer, die ich einmal zum japanischen Kunstwerk erklärt habe: SHIBUI! – was für eine Vorstellung …

wir vermissen unser tägliches Leben zwischen Unternehmungen und – zeitweise – schreibender Heimarbeit: das Winterfrühstück mit leicht überbackenem Müsli, zusammen mit zwei Heizstrahlern vertreibt es die morgendliche Kälte, oder – zurückgekehrt von Ausflügen – das abendliche Schwelgen in Sake-Sushi-Tempura, „Kartoffelsalatpüree“-Dallmayrwürstchen-Odengemüse, erstanden im Supermarkt um die Ecke oder in einem 24- Stunden-Laden (nicht zu vergessen das mit Kümmel gewürzte „deutsche“ Graubrot von unserem Bäcker, Vermächtnis eines jungen deutschen Bäckergesellen),

wir vermissen die Treffen mit unseren Freunden von nah und fern, (vor allem die eng mit uns verbundenen Mika, Shinji, Hiroko, Chikao, Hisako, Yoichi) bei uns zu Hause oder zu gemeinsamen Spaziergängen durch Tempel, Schreine, Gärten: Dreistöckige Pagode des Shinnyodo-Tempels mit Herbstlaub (Kyoto)Glockenhaus im Shinnyodo-Tempel in NW-Kyotogerne zum nahegelegenen Shinnyodo-Tempel mit seiner seit „Urzeiten“ geliebten dreistöckigen Pagode, im Herbst von leuchtendem Ahorn umrankt, das Glockenhaus und seine von der Decke herabhängenden Bronzeglocke, deren anzuschlagendes „Auge“ oftmals wie blankgeschliffen glänzt; wir vermissen, allein oder in Begleitung das Umherstromern im Geisha-Viertel Gion und über den Kamofluss hinüber zur Geisha-Gasse Pontocho, unterbrochen von Gaumenfreuden: dem Lunch im „Sodoh“ am Fuße der Higashiyama-Berge, einstige Villa eines berühmten Malers der zwanziger Jahre, die Gasträume japanisch-westlich, geräumig und gemütlich zugleich, oder alternativ, das Menü im Restaurant des Heian-Hotels mit seinem japanischen Landschaftsgarten, nicht nur das Essen, allein schon der Ausblick ist ein Genuss: über den Teich mit den buntfleckigen Kois, die über ihn führende Natursteinbrücke, auf der sich hin und wieder ein Rabe in samtenem Federkleid niederlässt, den Gästen zuplinkert, davonfliegt, dazu Laternen, Felseninseln, ein Teehaus, unser Café „Second House“ mit seiner einladenden, an deutsche Sahnetorten erinnernden Kuchentheke, die Stückchen allerdings fein und klein, meditatives „Da-Sein“, wenn wir allein sind, oder angeregtes Diskutieren, Austauschen, Plauschen bei Treffen mit eingesessenen Freunden und Bekannten,

Garten in Kyoto

wir vermissen, abgekürzt jetzt:

Die Jahreszeiten: spektakulär der Frühling und seine Kirschblütenpracht, der Herbst mit explodierend bunter Laubfärbung; die Feste im Jahresverlauf: Neujahr-O-Shogatsu von 108 Glockenschlägen eingeläutet um Mitternacht, Setsubun-Winteraustreibung Anfang Februar, Gion-Event in Kyoto mit der Prozession von – zuletzt – 33 festlich geschmückten Umzugswagen Mitte Juli, O-Bon-Lichterfest für die verstorbenen Ahnen 14.-16. August, herbstliche Viertelfeste mit Göttersänften, gerüttelt und geschüttelt; den Besuch des altjapanischen Theaters: Sakraltheater Noh, Puppentheater Bunraku mit fast lebensgroßen Puppen, aufregend schillernd-buntes Kabuki; schließlich, nicht zu vergessen: Reisen, wieder und wieder in alle Himmelsrichtungen der vier Hauptinseln, Hokkaido, Honshu, Shikoku, Kyushu, mit den Super-Schnellzügen Hikari und Nozomi, oder auch „Bummelzügen“, mit Bussen oder dem gemieteten Auto, wie Perlen auf einer Kette könnte ich die Ziele auflisten,

Sakurajima-Vulkan bei Kagoshima in SW-Kyushu

Sakurajima-Vulkan mit Wolken-Rauch-Mix vom Schiff aus

begnüge mich aber mit der Stadt Kagoshima im Süden und dem zugehörigen Vulkan Sakurajima, an dessen Eruptionen, Rauchwolken und – wenn man Glück hat – Feuergarben, wir uns nicht sattsehen können und Sendai im Norden mit dem Tor zu Matsushima, dem Inselparadies, bei dessen Anblick dem Dichter Basho (1644-1694), Meister des Haiku, die Worte gefehlt haben sollen.

Pflaumenblüte im Tenmangu-Schrein in KyotoAls wir Japan Ende Januar 2018 verließen und zum Abschied den kleinen Tenmango-Schrein inmitten Kyotos Einkaufsviertel besuchten, entdeckten wir an kahlen Ästen die ersten gerade aufgegangenen Knospen: Pflaumenblüten! Wie schön wäre es, Japan im kommenden Herbst wiederzusehen, zu begrüßen in farbenfrohem Herbstlaub: Momiji!

Herbstlaub im Eikando-Tempel (Kyoto)

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Kyoto – Spaziergang am Fuße der Higashiyama-Berge

San-Mon-Tor des Nanzenji
 

Ausschnitt aus meinem Roman „Das Kind am Kagurazaun“ (noch in Arbeit)

… früh am Morgen vom Klicken der Regentropfen gegen die Fensterscheiben aufgewacht, fiel mir der gestrige Tagesausflug ein. Aufgebrochen waren wir zu Dritt bei außergewöhnlich schönem Sommerwetter, Zwischenhochbescherung in einer bisher nur all zu ergiebigen Regenzeit. So tiefblau war der Himmel, dass sich aus ihm heraus die Bergkette des Higashiyama geradezu reliefartig heraushob mit üppiger Sommervegetation, schwarzstämmigen Kiefern und teepulvergrünen Laubbäumen, krauswüchsig, dschungelhaft. Diesen Tag hatten wir feiern müssen mit einer Wanderung am Fuße des Berges entlang über den „Testsugaku-no-michi“, den Philosophenweg mit Kurzbesuchen einiger am Weg liegender Sehenswürdigkeiten, unterbrochen von einem vegetarischen Essen in einer Tofu-ya, einer Teezeremonie in „unserem“ Tempel, niedergelassen auf Sitzkissen am Tatamiboden, den Wasserfall des Landschaftsgartens im Blick. Eine solch „private Erkundungstour“, die alles bereit hält, womit das alte, jedoch auch heute noch lebendige Japan den Wandernden überraschen kann, auf Touristenwegen ebenso wie auf Abseitspfaden, dürfte jeden Fremden – mehr noch als uns, die seit vielen Jahren in Kyoto Verwurzelten – in Verzückungstaumel stürzen. Erst in der Rückerinnerung würden sich die einander übertrumpfenden Eindrücke, Bilder wie zufällig aus dem Kaleidoskop geschüttelt, zu einem in sich geschlossenen Ganzen zusammenfügen – wie jetzt bei mir, die ich mir den Spaziergang noch einmal vergegenwärtige:

Schreine, Tempel, Gärten, namhafte und in keinem Führer erwähnte, halb versteckt im Bambushain, ein zinnoberrot gestrichenes Tori weist uns den Weg zum schmucklosen Schreingebäude, eine Gebetsglocke, ein Votivbild, Fürbitten und Dankestafeln, ein Baum mit Horoskopstreifen bespickt (den Göttern zur Erinnerung: dass sie glückverheißende Versprechen einlösen, Unheilprophezeiungen nochmals überdenken!), ein Reinigungsbecken am Eingang, wie vergessen liegt die Schöpfkelle aus Bambus auf dem Brunnenrand,

Eikan-do Tempel mit seinem im Zentrum des großen Gartens liegenden Teich, dicht umgeben von einem Palisadenzaun aus Bäumen und Sträuchern, sommergrün, aber wir wissen, wie spektakulär er sich färbt im Herbst, feurig rot und blendend gelb in vielerlei Abstufungen, Ahorn und Ginko, von der geschwungenen Brücke über den Teich schauen wir hinüber zum Hauptgebäude, in dem wir den Schatz des Tempels, die Statue des „Amida-Buddha mit dem Schulterblick“ bewundern könnten, nein, nicht heute, ein andermal, heute locken uns Kinderstimmen hinüber zum Seitentrakt Kindergarten, unglaublich, ruft Nikolas aus, da steht das Wort ja tatsächlich immer noch auf dem Schild (schwarz auf gold)! und wie vor vielen Jahren tummeln sich Kinder in aufgestellten Planschbecken auf dem Vorplatz, wie beneidenswert, wer da mithalten könnte, denke ich, reibe mir den Schweiß der Regenzeit, mushi atsui- feucht und heiß, aus Gesicht und Nacken,

Nanzen-ji Tempel, sein Eingangstor, zweigeschossig, ohne Riegel, ohne Schloß, Gateless Gate, freier Zutritt zwischen dickstämmigen Holzsäulen hindurch, kaum jemand, der nicht stehenbleibt und bewundernd hinaufsieht ins kunstvoll gefugte Deckengebälk und danach – wie wir – weitergeht zum Hojo, Hauptgebäude mit seinem Zen-Garten, durch Korridore ins Innere, über patinaglänzende, singende Holzfußböden, Besucher ankündigend, Eindringlinge verratend: heute sind wir die Eindringlinge, sagt Nikolas, die Diebe, tritt mit nackten Füßen fest auf, während ich leichten Schritts die Kühle umd Glätte an den Fußsohlen genieße bis hin zur Empore, wo wir uns niederlassen, die Augen lange nicht abwenden können vom Garten: sorgsam geharkte Kiesfläche, weiß, die Gesteine, Findlinge, wie absichtslos verstreut (Felsen? Inseln im Meer? Wie immer die Interpretation auch lauten mag: hat es Sinn nach dem Sinn zu fragen?),

Chion-in, seine Denkmalschutz-Glocke, die freischwingende, landesgrößte, klangvoll mit durchdringendem Dröhnen aus Baßtiefen heraus, an dicken Tauen aufgehängt ihr Klöppelstamm: wie blankgeschmirgelt glänzt das vorgewölbte Glockenauge, der Pomponknauf, gegen den der Klöppel geschlagen wird von Menschenhand, und Tempeldächer, zwischen Bäumen und Einfriedungsmauern ragen sie hervor, ausladend, himmelwärtsgeschwungen, mit anthrazitfarbenen Ziegeln – nein, nicht Ziegeln: Kacheln! – schwarzgelackt, wenn Regen fällt, in weiße Dunstschleier gehüllt, wenn die Sonne hervorbricht,

Yasaka-Schrein, wo wir das vom Dachfirst des Hauptgebäudes herabhängende Tau mit seinen kupfernen Rasseln am oberen Ende schütteln möchten, kraftvoll: hört mich an, ihr Götter! hin und wieder geheime Wünsche oder Bitten im Sinn, aber kichernd, giggelnd und dennoch über alle Maßen diszipliniert stehen bereits Schulmädchen an, den Ritus zu vollziehen, bevor sie sich aufstellen zum Gruppenfoto, im Schatten des Eingangstores warten wir auf unsere Chance – wie hätten wir denn ohne unseren Gruß an die Götter: wir sind wieder da! diesen Schrein verlassen und hinaufwandern können zum

Kiyomizu-dera, Tempel des klaren (heilkräftigen)Wassers: in hohem scharfem Strahl, so dass er in Regenbogenfarben an den Rändern der Trinkgefäße zerspritzt, kommt es aus dem Berg herausgeschossen, die Steilhöhe aufwärts tastet sich während des Trinkens der Blick, erklimmt das sechsstöckige Pfahlgerüst, Sprossenkunstwerk am Hang, bis hin zur hoch oben gelegenen Holzterrasse mit dem großen, der elfköpfigen Kannon geweihten Tempelgebäude, zurück im Tal, inmitten enger Gassen,

Gion, seine fünfgeschossige Pagode im Spinnennetz zahlloser Stromleitungen, einen alten Mönch mit kahlgeschorenem Kopf, schwarzgewandet, das sorgsam geknotete Tragebündel in der Hand, sehen wir aus dem Schatten der Pagode treten, stehenbleiben, sich den Schweiß von der Stirn wischen, weitergehen, so wie auch wir, in entgegengesetzte Richtungen, zwischen Häusern mit schöngemaserten Holzwänden hindurch, und immer tiefer, nicht nur verzaubert, bestrickt, verlieren wir uns an das Viertel, Geishaviertel – Geisterviertel im Mittag, entdecken Teehäuser, Nobelhäuser, restauriert und aufpoliert, von halbhohen Mauern umgeben: Festungen allesamt! abgeriegelt jetzt, ohne Leben, beinahe ohne Laut, allein den Eingangsbereich einzelner Häuser finden wir frisch mit Wasser besprengt – nicht für uns, für illustre Nachmittags- oder Abendgäste. Auf dem Weg zur Hauptstraße in die Innenstadt folgen uns noch eine Weile die Geisterlaute, Shamizen-Übungsklänge aus dem Fenster eines jener ausgestorben daliegenden Häuser, das Surren von Türen in ihren Schieberillen und das Klack-Tack-Geräusch, mit dem sie geschlossen werden, das in rhythmischen Abständen die Gassen durchhallende Tock eines Wasserspeiers aus Bambusrohr: dies alles wiederentdeckt und ausgekostet zu haben, mal im Verweilen aus der Nähe betrachtet, mal im Vorübergehen mit Blicken kurz umfasst, es bleibt ja noch Zeit, zwei Monate fast, das war doch, sagt Raoul im Café Juchheim beim Kaffee und deutscher Schokoladentorte, den Schweiß und die Mühsal mehr als wert …

 

Maiko am Shirakawa/Gion/Kyoto        Wasserbecken in Schrein/Kyoto

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Aktuelle Notiz zum 11. März 2021 (Japanische Version)

                                               —–  Welch GLÜCKSFALL!  —–

Unsere japanische „Tochter“ Mika, die wir seit mehr als 35 Jahren kennen, hat mir – unaufgefordert – eine japanische Übersetzung meines Briefes im Artikel zum 11. März 2021  zugeschickt. Mit ihrer Erlaubnis kann ich nun diesen Text auch allen denen zugänglich machen, die den deutschen Brief kaum oder gar nicht verstehen können. Ich möchte ihr an dieser Stelle ganz herzlich für diese Unterstützung und ihre Mühe DANKEN!

どうも ありがとうございました

Greta

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2021年3月11日現在のメモ

Ishinomaki-Am13Mrz11

In Ishinomaki waren 40% aller Häuser zerstört/unbewohnbar (Aus einer jap. Dokumentation)

写真:石巻の全家屋のうち40%が半壊・全壊となった(日本のドキュメンタリーより)

福島の10年――日本の友人達への手紙

親愛なる日本の友人の皆さんへ

過去数世紀で最悪の災害の1つが突然、皆さんの――そして、私たちにも第二の故郷のように感じる――国を襲ってから10年が経ちました。マグニチュード9.1の大地震(日本の観測史上最大規模)、その直後の三陸海岸を襲った、場所によっては30~40メートルに達した津波、そして今なお廃炉作業が行われている福島第一原子力発電所。ここドイツの家族や友人たち、それにそうです、日本の皆さんからの警告にもかかわらず、2011年4月の初めに予定通り日本に旅行したことを、皆さんは覚えていると思います。西洋と東洋の長年の友人である私たちは、共に生存者であるかのように再会して、喜びと悲しみを同時に味わいました。というのも、再会は嬉しかったのですが、被害のあまりの酷さに戸惑い、気分が重くなったのです。

そこには、非常に独特なというより、むしろ押し隠されたような張り詰めた雰囲気がありました。一方では悲しみが次なる激しい揺れへの恐れと混ざり合い、もう一方では――深刻な事態など何も起こらなかったかのように――この災害の年の特に素晴らしく咲いた桜への喜び。皆さんのうち、何人かとは一緒に、お寺や神社、庭園、特に「京都の桜の名所」で、お花見を楽しみました。半分は無意識に、もう半分は意識的に皆さんと一緒に、実際にこの素晴らしさを楽しんでいることが、時折不思議に思えました。

まるで慰めに効く貼り薬で、やさしく痛みを鈍らされ軽減されて、「きれい、きれい」という周囲で重なり合うあまたの歓声で魔法にかかったかのように、あの三重の不幸は一瞬、または数時間、遠くに去っていました。あの災害は本当に起こったのですか?約2万人の死者、40万人以上の人々が、ずっと、または一時的に避難所で暮らし、数え切れないほどの行方不明者がいることを、現実として理解するのは難しいことですよね?それにもかかわらず、全国でそして、ひどく荒廃した放射能に汚染された沿岸地域の許可された場所の中でさえ、桜祭りは開催されました。自然の脅威にも屈服せずに生き残った象徴でしょうか?

例年通り3月11日に皆さんや犠牲となった方々、そして日本について考えます。この10年で多くの復興がなされました。数年にわたる被災地への旅の中で、それを確信することができました。

その多くの場所の代表として石巻市が思い浮かびます。2013年には半壊の家並みより、はるかに多い廃墟のあったゴーストタウン、被害を免れた商店街も閉まったまま。ある暑い日、――ひび割れとデコボコになっているアスファルトの――通りを、歩く以上につまずいていた私たち以外、人はほとんどいませんでした。3000人が津波で亡くなり、2500人が行方不明になっていると、案内リーフレットに書いてありました。

2017年、再び石巻で多くの新しい建物や心を込めて復元された古い家並み、元の姿になっていたメインストリートのショッピングエリアの喧騒に、私たちは驚いていました。新規またはリニューアルオープンしたデパートのレストランで、とても心地のよい雰囲気の中で食事をしました。最高のおもてなしで、美味しい定食とデザートのコーヒーとケーキが出てきました。

当時、避難していた人の80%が戻って来て、我らのマンガミュージアムも再開しましたと、小さな土産売り場の店員が言っていました。

がんばろう!石巻』これは、津波に襲われたわずか数週間後に生存者が、同じく被災した人たちを励ましたいと大看板に書き、被害を受けた市内中心部に置いたのは、負けまいとする意志の表明です。

親愛なる友人の皆さん、いつものように、いえ、それ以上にとりわけこの特別な追憶の日に皆さんとの繋がりを感じます。日本の一地域を消してしまうかのような、このような災害が繰り返されないことを心から願っています。皆さんと一緒に神社へ参拝して、神様にご加護や幸福をお願いできればよかったのですが、――同様の災い、世界的なパンデミックは、それを許してはくれませんでした。

次はいつお会いしましょうか?ひょっとしたら来年?桜の時期?そんな感じでしょうか!!!その時は喜んでマスクをします――覚えていると思いますが――かつて私たちはマスクの着用を、やさしく少し笑って見ていました。でも今では、誰もがマスクで護られています。皆さんは、ずっと以前からマスクを信用していましたね。

欧米式のハグや頬へキスする挨拶にずっと慣れている人へも、お辞儀で挨拶をします。

お元気で!

グレータとリュディガー

追伸:2013年の被災地旅行の体験記は、以下(リンク2の石巻の詳細)をご覧ください。

Tohoku 1 – Matsushima (ドイツ語)

Tohoku 2 – Ishinomaki (ドイツ語)

Tohoku 3 – Arahama (ドイツ語)

Haupt-Einkaufsstraße in Ishinomaki 2013

Beginn der früheren überdachten Einkaufsstraße von Ishinomaki (2013)

石巻のかつてのアーケード街のスタート地点(2013)

Eckgebäude mit Mangafiguren in Ishinomaki 2017

Dem Tsunami weitgehend widerstanden in der Manga-Metropole Ishinomaki (2017)

津波に強く耐えたマンガの街石巻は改装されていた(2017)

Sanierte Geschäfte in Ishinomaki 2017

Lichtblicke in einer ehemaligen Einkaufsstraße in Ishinomaki (2017)

石巻の繁華街の希望の光(2017)

Teestube Kitaha in Ishinomaki 2017

Teestube in einem frisch sanierten kleinen Kaufhaus in Ishinomaki (2017)

石巻のきれいに改装された小さなデパートのティールーム(2017)

GanbarouIshinomakiKanban

„Halte durch, Ishinomaki!“ (Tafel auf einem vom Tsunami niedergewalzten Grundstück nahe Ishinomaki)

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Aktuelle Notiz zum 11. März 2021

In Ishinomaki waren 40% aller Häuser zerstört/unbewohnbar (aus einer japan. Dokumentation)

10 Jahre Fukushima – Brief an japanische Freunde

Liebe Freunde in Japan,
zehn Jahre ist es her, seit eine der schlimmsten Katastrophen der letzten Jahrhunderte über Euer Land – das wir auch ein bisschen als unsere zweite Heimat empfinden – urplötzlich hereingebrochen ist: Ein Erdbeben der Stärke 9,1 (das größte jemals gemessene Erdbeben in Japan), der unmittelbar darauf folgende Tsunami an der Sanriku-Fukushima-Küste mit Wellen, die an einigen Orten 30 oder gar 40 Meter erreichten, und die immer noch nicht behobene Beschädigung des Kernkraftwerkes Fukushima Daiichi. Ich bin sicher, Ihr erinnert Euch daran, dass wir trotz aller Warnungen von unseren Familien und Freunden hier in Deutschland, ja, selbst von Euch, ganz wie zuvor geplant nach Japan gereist sind, Anfang April 2011. Wir, die langjährigen Freunde aus Ost und West, sind uns begegnet wie gemeinsam Überlebende, freudig und traurig zugleich; beglückt über das Wiedersehen, bedrückt und fassungslos über das Ausmaß der Zerstörungen.

Es war eine sehr merkwürdige, eher untergründig angespannte Stimmung im Land. Einerseits Betrübnis vermischt mit Angst vor weiteren heftigen Beben, andererseits – ganz so als wäre nichts Gravierendes geschehen – Freude an der in diesem Katastrophenjahr besonders prachtvollen Kirschblüte. Zusammen mit einigen von Euch haben wir in Tempeln, Schreinen und Gärten das Kirschblütenschauen genossen, insbesondere im „Kirschgarten Kyoto“. Halb unbewusst, halb bewusst haben wir uns manchmal gewundert, dass Ihr und auch wir mit Euch diese Pracht tatsächlich genießen konnten. Wie mit einem Trostpflaster sanft betäubt, losgelöst und becirct von den vielstimmigen Ausrufen „kirei, kirei – wie schön, wie schön“ ringsum, war das dreifache Unglück für Augenblicke oder gar Stunden in weite Ferne gerückt. Hatte es überhaupt stattgefunden? Dieses schwer Begreifliche? Rund 20. 000 Tote, über 400.000 für immer oder vorübergehnd aus ihrer Heimat Vertriebene in Notunterkünften, zahllose Vermisste? Trotzdem – überall im Land wurden Kirschblütenfeste gefeiert, selbst im – erlaubten – Umfeld des schwer verwüsteten und radioaktiv verseuchten Küstengebietes. Als Symbol des Überlebens, der Unbeugsamkeit gegenüber den Naturgewalten?

Wie in jedem Jahr denken wir auch an diesem 11. März an Euch, an die Opfer, an Japan. Es hat in den 10 vergangenen Jahren viel Aufbauarbeit gegeben. Während unserer Fahrten durch das Katastrophengebiet innerhalb verschiedener Jahre konnten wir uns selbst davon überzeugen. Stellvertretend für viele andere kommt mir die Stadt Ishinomaki in den Sinn, 2013 eine Geisterstadt mit weitaus mehr Ruinen als halbwegs heil gebliebenen Häusern, die Geschäfte in den noch verbliebenen Gebäuden geschlossen. Kaum ein Mensch in den Straßen, durch die wir – über aufgerissenes oder hochgebuckeltes Pflaster- an einem heißen Tag mehr gestolpert als gegangen sind. 3000 Menschen, lasen wir in einem Infoblatt, waren durch den Tsunami umgekommen, 2500 vermisst.

2017, erneut in Ishinomaki, staunten wir über die vielen Neubauten und liebevoll instand gesetzten alten Häuser, die Betriebsamkeit in der wieder zu einer Einkaufsmeile zurückverwandelten Hauptstraße. Im Restaurant eines neu- oder wiedereröffneten Kaufhauses aßen wir in aller Gemütlichkeit und freundlichst bedient ein leckeres O-Teishoku mit Kaffee und Kuchen als Nachtisch. 80% der damals Geflüchteten seien zurückgekehrt, sagte uns ein Verkäufer in der kleinen Souvenirabteilung, und unser Manga-Museum ist auch wieder für Touristen geöffnet: Wir in Ishinomaki geben niemals auf! Es ist ein Durchhaltespruch, den eine Gruppe Überlebender bereits Wochen nach dem Tsunami auf eine Gedenktafel geschrieben und in der zerstörten Innenstadt aufgestellt hatte.

Liebe Feunde, wie immer fühlen wir uns verbunden mit Euch, nicht nur, aber vor allem an diesem besonderen Gedenktag. Wir wünschen von Herzen, dass sich eine solche Katastrophe, die nahe dran war, einen Teil Japans auszulöschen, nicht wiederholt. Es wäre schön, mit Euch in einem Schrein den diesjährigen Tag zu begehen, die Kamisama in ihrer göttlichen Macht um Beistand und Lebensglück zu bitten, aber die – weltumspannende – Pandemie, auch eine Katastrophe, lässt es nicht zu.

Wann werden wir Euch wiedersehen? Vielleicht im nächsten Jahr? Zur Kirschblütenzeit? Wäre es doch so!!! Gerne auch mit Maske, über die wir – Ihr erinnert euch – früher einmal ein bisschen milde gelächelt hatten, und die uns jetzt schützt. Ihr habt immer an ihren Schutz geglaubt.

Wir grüßen Euch mit einer Verbeugung, auch diejenigen, die sich längst an westliche Begrüßungs-Umarmungen und Wangenküsschen gewöhnt hatten. Bleibt gesund!

Eure
Greta und Rüdiger

P.S.: Mehr über unsere Erfahrungen während der Reise im Jahr 2013 durch das Katastrophengebiet  findet Ihr unter den folgenden Links (Ausführliches über Ishinomaki in Link2):

Link1                                             Link2                                       Link3

Beginn der früheren überdachten Einkaufsstraße von Ishinomaki (2013)

 

Dem Tsunami weitgehend widerstanden und neu geschmückt in der Manga-Metropole Ishinomaki (2017)

Lichtblicke in einer ehemaligen Einkaufsstraße in Ishinomaki (2017)

Teestube in einem frisch sanierten kleinen Kaufhaus in Ishinomaki (2017)

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SETSUBUN – „Winter ade …“

Setsubun ist ein fröhliches Fest. Nach dem altjapanischen Kalender beginnt mit ihm am 3./4. Februar das neue Jahr und wenige Wochen später der Frühling. Zwar ist es noch kalt, man spricht sogar vom letzten Tag der „Großen Kälte“ (大寒, Daikan), aber ein Hauch von Frühlingserwachen liegt dennoch in der Luft: Pflaumenblüten öffnen sich und Kirschblüten „träumen schon, wollen balde kommen“! Es ist an der Zeit, die Unglück und Krankheiten bringenden Dämonen des Winters, die ONI – furchterregend anzusehen mit ihren Hörnern, großen hervorquellenden Augen und (umgekehrten) Vampirzähnen – in einem Festakt zu vertreiben. Das geschieht im (Shinto)Schrein mit Ritualen, Tänzen und Verbrennen von Talismanen u.a., zu Hause mit einem halb ernsten, halb spaßhaften Akt des Bohnenwerfens zusammen mit dem mehrfach skandierten Spruch: „Oni wa soto, fuku wa uchi – Dämonen raus, Glück ins Haus“. So sehr die ONI sich auch an ihre Macht zu klammern versuchen, unter dem Bombardement der wieder und wieder geworfenen Bohnen – Bohnen die sie verabscheuen! – „knicken“ sie schließlich doch ein und suchen mit Schimpfen und letzten Drohungen das Weite. – Nach dieser häuslichen Zeremonie beginnt häufig das Bohnenverzehren in froher Runde. Jeder isst so viele glückbringende (lecker gebrannte) Sojabohnen, wie er/sie/es an Jahren alt ist. (Das kann je nach Person und Magenempfindlichkeit recht „quellend“ sein!!!)

Vor 7 Jahren, in Kyoto, schenkte uns eine Freundin kurz vor Setsubun eine ONI-Maske – aus Spaß. Und aus Spaß verkleidete ich mich am Setsubun-Tag als ONI. Das hat sie so begeistert, dass sie mich umgehend zum „ONI-Vertreter“ ernannt hat. Natürlich wird von mir in dieser „gehobenen Position“ eine jährliche ONI-Performance erwartet. Halte ich mich an diesem „meinem Festtag“ nicht in Japan auf (wie in diesem Corona-Jahr), muss ich zumindest ein entsprechendes Foto schicken. Damit ich meine Pflichten nicht vergesse, werde ich rechtzeitig an sie erinnert, bereits vor zwei Wochen mit den Worten: ONI, deine Zeit naht heran!

Eine kleine Fotogalerie – auch mit mir als ONI – hänge ich an. Und für diejenigen, die mehr über das Setsubun-Fest erfahren möchten, setze ich zwei Links zu den Artikeln, die ich zuvor über das Fest geschrieben habe:
Hei, so treiben wir Dämonen aus
SETSUBUN – Vom kleinen Stadtteilfest zum großen Event

ONIs in Shinto-Schreinen Kyotos

Warmgekleideter ONI in Kyoto-Winter 1968

Abwehr des Langhaar-ONI im Yoshida-Schrein in Kyoto 2013

Roter ONI – angsteinflößend 2013

Stellvertreter-ONIs

ONI in unserem Wohnzimmer in Kyoto 2013

Langhaar-ONI in Deutschland 2018

Selbst ONIs müssen im Jahr 2021 Maske tragen

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Aktuelle Notiz vom 25.11.2020

Liebe Freunde und liebe Follower,
ja, wir haben unsere unten angekündigten Pläne verwirklicht und sind vom 18.9.2019 an einen Monat lang auf den Spuren früherer Zeiten durch den Iran gereist. Es war eine faszinierende, wenn auch etwas anstrengende Wiederbegegnung mit dem Land, seinen Menschen, Landschaften, Städten – mit Shiraz, Stadt der Gärten, Isfahan, Stadt mosaikgeschmückter Moscheen und Paläste, Teheran, Millionenstadt am Fuße des hochaufragenden Elburs-Gebirges – und natürlich mit der Wüste. Falls Ihr an meinem Reisebericht interessiert seid, könnt Ihr ihn auf meiner Website www.greta-godberg.de im Kapitel REISEN – Iran-Reise 2019 finden oder direkt durch Klick auf Gretas Website. (Eine kleine Fortsetzung steht noch aus.)


Für das Frühjahr oder den Herbst/Winter 2020 hatten wir einen erneuten Aufenthalt in Kyoto geplant. Covid 19 hat diesen Plan unmöglich gemacht. Vielleicht haben wir im kommenden Jahr – erfolgreich geimpft – eine Chance dazu. Während der Pandemie habe ich intensiv an meinem schon erwähnten, im Iran spielenden Roman geschrieben. Er ist fast fertiggestellt, und so kann ich mich demnächst wieder mit neuem Elan japanischen Themen zuwenden. O-Shogatsu „winkt“ bereits!

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Aktuelle Notiz vom 15.9.2019

Imam-Moschee am Naqsh-e-Jahan-Platz in Isfahan

Liebe Freunde, liebe Follower, NEIN, NEIN, das ist NICHT in Japan!

Ihr werdet Euch gewundert haben, dass seit meinem Glückwunsch zum Neuen Jahr 2019 kein Beitrag mehr erschienen ist. Das sieht für euch vermutlich so aus, als seien mir die Ideen zu Japan-Artikeln ausgegangen. Das ist jedoch nicht der Fall. Ich habe noch eine ganze Liste mit Themen, über die ich gerne schreiben möchte.

Unser Haus in Teheran mit dem verschneiten Elburs-Gebirge im Hintergrund und einem Kakibaum im Vordergrund

Der Grund für mein Schweigen ist ein anderer. Seit Beginn des Jahres arbeite ich an einem Roman, der im Iran spielt. Ich habe von 1974 – 1979 mit meiner Familie in Teheran gelebt. Kurz nach dem Umschwung des Landes vom Kaiserreich zur „Islamischen Republik“ – die Revolution von 1978/79 haben wir noch miterlebt – sind wir nach Deutschland zurückgekehrt. Es war ein Abschied, der mir sehr schwer gefallen ist, der Abschied sowohl von meinem zur Heimat gewordenen Heim in der Fremde, als auch vom Land Iran selbst, seinen großartigen Landschaften, seinen Moscheen und Palästen, vor allem aber auch seinen liebenswerten, gastfreundlichen Menschen.

Isfahan: Studentinnen des Konservatoriums im Abassi-Garten

Ich habe mich viele Jahre danach gesehnt, dieses „Heimatland von einst“ wiederzusehen. Doch neben dem Irak-Iran-Krieg von 1980 bis 1988, hat uns unser achtjähriger beruflich bedingtes Aufenthalt in Nordspanien von einer Reise in den Iran abgehalten; sie wäre jeweils nur im Sommer bei Temperaturen zwischen 40 – 45 Grad in Frage gekommen. Erst 2006, befreit von beruflichen Fesseln, haben wir uns dazu entschlossen, die längst fällige Reise gen Osten zu wagen. Mitte September sind wir von Köln aus mit unserem kleinen Camper losgefahren, durch Italien nach Ancona, mit dem Schiff – sehr entspannte Reise – nach Izmir in der Türkei und von dort aus den langen Weg bis zur iranischen Grenze nahe Dogubayazit. Entgegen unseren Befürchtungen war der Grenzübertritt mit dem Auto komplikationslos.

Natürlich hatte sich das Land gegenüber unserem ersten Aufenthalt verändert, aber im Herzen, insbesondere in den Herzen der Menschen, ist es sich treu geblieben. Dank unseres Campers – man konnte damals keine Autos mieten, auch heute übrigens nur eingeschränkt – konnten wir das Land nach Lust und Routenlaune zwei Monate lang während der klimatisch angenehmen Jahreszeit Oktober/November ohne Zwischenfälle durchkreuzen. Wir haben diese Zeit sehr genossen: Das Wiedersehen mit dem Land selbst, seinen von uns so geliebten Städten wie u.a. Isfahan, Shiraz, Yazd, Teheran mit seiner Gebirgswelt ringsum und natürlich unserem früheren Wohnviertel; darüber hinaus die Wiederbegegnungen mit alten Freunden und Kennenlernen interessanter Menschen, die zum Teil zu neuen Freunden geworden sind, wie schon erwähnt kennt die Gastfreundschaft der Iraner ja keine Grenzen! Wir haben einige Male, ganz wie in alten Zeiten, mitten in der Wüste in unserem Auto übernachtet, und uns dabei so sicher wie in Abrahams Schoß gefühlt.

Leider konnte uns unser Sohn, der ja seine ersten Kindheitsjahre im Iran verbracht hat, 2006 nicht in die „alte Heimat“ begleiten. Daher haben wir uns entschlossen, diese Lücke in der gemeinsamen Biographie zu schließen und brechen in wenigen Tagen zu Viert – d.h. mit Daniel und unserer Schwiegertochter Andrea – zu einer Reise durch das Land auf. Dieses Mal nicht per Camper, sondern ganz bequem mit dem Flugzeug. Wir freuen uns darauf, zusammen „alte Wege“ abzugehen, herauszufinden, was aus unserem Viertel in Teheran, was aus unserem Haus geworden ist, das Land mit den Hintergrunderfahrungen von früher erneut zu erkunden. Es ist ein gutes Gefühl, zu wissen, dass einige iranische Freunde uns gespannt erwarten, so wie wir gespannt darauf sind, sie bald wiederzusehen.

Nostalgie pur: Unser Garten in Teheran ano 1975

Kuppel der Imam-Moschee in Isfahan

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Grüße zum NEUEN JAHR 2019

Neujahrsgesteck vor dem Bunraku-Theater in Osaka

Liebe Freunde in Japan,
in den Tagen zwischen Weihnachten und Neujahr habe ich festgestellt, dass viele von Euch, vermutlich auf der Suche nach Festtagsgrüßen, in meinen Blog geschaut haben. Jetzt endlich sind sie hier. Ich wünsche Euch allen und natürlich auch meinen sonstigen Freunden und Followern

Ein frohes, gesundes und glückliches Neues Jahr im Zeichen des Wildschweins

Akemashite omedetou gozaimasu
Happy New Year

Vor einem Jahr weilten wir, wie Ihr wisst, noch in Japan. Mit Daniel und Andrea, die über Weihnachten und Neujahr zu Besuch gekommen waren, genossen wir die Festtage in unserem altjapanischen Nostalgiehaus Hakuginso. Wie schon den ganzen Winter über (und einige Winter zuvor, Ihr erinnert Euch), sorgten drei Heizöfchen für zumindest „annehmbare“ Wärme – oft bis hin zum Kopfglühen, so nah hatten wir sie an uns herangerückt. Dass wir sie beim Verlassen des Hauses und in der Nacht wegen eventueller Erdbeben mit anschließender Feuergefahr ausschalten mussten, habt Ihr uns eindrücklich vor Augen geführt. Ich verhehle nicht, dass wir manchmal nach längerer Exkursion bei der Rückkehr in unser ausgekühltes Heim geseufzt oder gar leise vor uns hin geflucht haben. Andererseits: Was machte es schon, eine Stunde lang im Mantel mit gelegentlichen Blicken hin zum langsam steigenden Thermometer auf die „große Runderwärmung“ zu warten, während wir mit einem Abendessen, zuweilen erstanden in einem 24-Stundenladen oder im Supermarkt, Oden, Sushi, Tempura oder heiße Würstchen salzig-süß, alles gut gewürzt mit ein paar Schälchen Reiswein, schon einmal den Magen befriedeten. In unserem Wohnraum, den wir uns, Ihr habt es gesehen und bewundert, mit Wandschmuck und einigen Antiquitäten augenschmeichelnd eingerichtet hatten, fühlten wir uns wohl. Daran, dass wir des Nachts eingemummelt wie Eskimos auf unseren Futons im Tatamizimmer schlafen mussten, hatten wir uns gewöhnt, immerhin wärmte die Tatamis von unten ein Elektro-Teppich. – Liebe Freunde, Ihr brauchtet uns nicht zu bedauern. Selbst wenn Ihr in neuen Häusern komfortabler wohnt, seid auch Ihr gezwungen, Euch mit der Kälte zu arrangieren, Klimaanlagen heizen die Zimmer ja nicht wirklich gut durch, da müsst Ihr Euch ebenfalls zusätzlich mit Heizöfchen oder Elektro-Teppichen behelfen, zum Kotatsu zurückkehren und natürlich Euer abendliches heißes Bad nehmen. Kürzlich schrieb mir eine Freundin: “Es ist jetzt sehr kalt in Japan, ich mag morgens gar nicht aufstehen. Es ist dann zu kalt im Haus, wie Du weißt. Und wenn meine Schüler früh kommen, muss ich eine Zeitlang auf Eistasten spielen.

Wo auch immer wir uns auf der Welt aufhalten, wir feiern nach altem Brauch unsere Jahresfeste. So schmückten wir in der Advents- und Weihnachtszeit auch die Zimmer im Hakuginso-Haus, tranken – sofern wir zu Hause waren – zwischen dem 1. und 24. Dezember nachmittags Kaffee im kleinen Wintergarten, öffneten Türchen am Adventskalender, sangen am Weihnachtstag zusammen mit Daniel und Andrea Weihnachtslieder unterm Tannenstrauß – drei Zweige 50 Euro, jeder einzelne so exquisit, dass er wie für ein Ikebana herangewachsen schien, und wir haben die Zweige in eine Vase gezwängt, es tat uns leid, und doch fanden wir das Ergebnis nach dem Herausputzen recht gelungen. Dass wir O-Shogatsu, das japanische Neujahrsfest, besonders lieben, ist Euch ja bekannt. Am Silvesterabend gingen wir im „Pilgerstrom“ der Feiernden zum Gion-Schrein, der wie immer an diesem Abend im Glanz der vielen erleuchteten Lampions erstrahlte, wanderten einher zwischen all jenen, die ihre glühenden Lassos schleuderten, was zeigte, dass sie sich mittels eines langen Stricks Feuer für die erste Mahlzeit des neuen Tages an einer der vielen im Schrein aufgestellten Feuerstellen geholt hatten, wir kauften uns einen Talisman für das um Mitternacht anbrechende „Jahr des getreuen Hundes“, aßen in einem geheizten Pavillon die besonders langen Glücksnudeln der Neujahrsnacht, und da es uns danach gelüstete, in aller Ruhe und Gemütlichkeit Macha-Eis (die etwas betrübten Blicke all jener, die sehnsuchtsvoll den zu lange besetzten Tisch betrachteten, übersahen wir, wenngleich schlechten Gewissens, geflissentlich). Schließlich brachen wir doch auf, um uns rechtzeitig gegen 12.00 Uhr in “unserem“ Hakuginso-nahen Tempel unter der Aufsicht von Mönchen per großer Tempelglocke ins neue Jahr schlagen zu können. (Siehe auch: O-SHOGATSU)

Dieses Jahr, längst daheim in Deutschland, gestalteten sich die Feiern zu den Festen nicht so exotisch, dafür jedoch äußerst zufriedenstellend in unserer wunderbar durchgewärmten Wohnung. Gemütlich um einen kleinen, mit japanischen Brokat- und Seidenkugeln geschmückten Tannenbaum niedergelassen, sangen wir mit unseren Kindern ebenfalls Weihnachtslieder. Freudig zwar, aber da wir alle erkältet waren, eher weniger wohlklingend.

Zu Silvester bereiteten wir in Erinnerung an Japan zusammen mit Daniel, Andrea und deutsch-japanischen Freunden Sukiyaki am großen Wohnzimmer-Esstisch, der beinahe zusammenbrach unter all den vielen Zutaten von Fleisch, vielerlei Gemüsen, Tofu, Pilzen. Rüdiger und Taeko, die Sukiyaki-Meister, füllten abwechselnd die Pfanne auf der Kochplatte. Wir saßen und aßen lange unter Geplauder, Lachen und Warten auf die nächste „fertige Pfanne“ mit all den frischen, zart gegarten Köstlichkeiten, die wir, dem Brauch entsprechend, in unser Schüsselchen mit frischem rohem Ei tunkten, bevor wir sie auf der Zunge zergehen ließen und – zumeist jedenfalls – mit Sake nachspülten. Wir waren so losgelöst vom Alltag, so entspannt, dass wir, Ihr glaubt es nicht, vergaßen, zu fotografieren. Es muss das Wildschwein gewesen sein, das sich anschickte geboren zu werden und uns telepathisch derartig heiter und zugleich vergesslich gemacht hatte. Um Mitternacht bewunderten wir durch unser Panoramafenster das große Feuerwerk ringsum und begrüßten das neue Jahr mit gegenseitigen Umarmungen, Wünschen und selbstverständlich mit einem Glas Sekt.

Ich kann Euch nun, liebe Freunde, leider, leider kein Foto von unserer Silvesterfeier schicken. Das heißt, ein Foto habe ich für euch, ein von mir so genanntes Neujahrsfoto. Zu Neujahr ist es bei uns üblich, zusammen mit einigen vierblättrigen Kleeblättern in einer Vase, einen Schornsteinfeger und ein Glücksschwein zu schenken. Das Schweinchen passt in diesem Wildschweinjahr ganz besonders gut. Bringt es doch, so hoffen wir, uns allen doppeltes Glück. Im Foto habe ich diese Glücksbringer für Euch zusammengestellt.

Ich grüße Euch, zusammen mit Rüdiger von ganzen Herzen und wünsche Euch noch einmal ein gutes Neues Jahr Eure
Greta

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